Es braucht viele Menschen und großes Engagement, um einen neuen Nationalpark zu schaffen. Im Hunsrück ist dieses planerische Großprojekt gelungen.
Harald Egidi ist Förster – wie auch sein Vater schon. Aber Egidi wollte neue Wege beschreiten. Statt den Wald zu kultivieren und zu nutzen, wollte er mehr Freiraum für Wildnis schaffen. Die Vision: aus dem Wald von heute den Urwald von morgen werden lassen. So wurde Harald Egidi zu einem der Mitinitiatoren des Nationalparks Hunsrück-Hochwald – dem jüngsten unter den deutschen Nationalparken. „Mir war von Anfang an klar, dass das nicht nur Naturschutz ist, sondern auch ein echtes Großprojekt“, erinnert sich Egidi an die Phase vor der Gründung des Nationalparks, als es darum ging, die Idee in länderübergreifenden Gremien zu verhandeln. Denn der junge Nationalpark ist nicht nur ein großes, sondern auch ein länderübergreifendes Projekt, in dem sich die Akteure in Rheinland-Pfalz und im Saarland verständigen müssen. „Aber zum Glück endet nicht jedes Großprojekt wie Stuttgart 21“, sagt Egidi. Seit vier Jahren leitet er den Nationalpark Hunsrück-Hochwald. Naturschutz, Bürgerbeteiligung und Regionalentwicklung: Nicht entweder-oder, sondern: sowohl-als auch. Das ist das, wofür er und „sein“ Nationalpark stehen.
Hier geht es zur Website des Nationalparks Hunsrück-Hochwald
Türöffner im Nationalpark
Eines ist klar: Ohne engagierte Menschen ist so ein Großprojekt nicht umzusetzen und schon gar nicht mit Leben zu füllen. Wie sich ein Nationalpark entwickelt, welche Angebote vor Ort entstehen und ob sich Anwohner und Gäste begeistern lassen, hängt vom Engagement vieler Einzelner ab. Da ist zum Beispiel Hardy Hoffmann, eines der bekannten Gesichter aus dem Nationalparkamt. Hoffmann saß früher auf dem Harvester und hat mit seiner Riesenmaschine in Minutenschnelle Bäume gefällt, die Jahrzehnte gebraucht hatten, um zu wachsen. „Ich wollte das nicht mehr“, sagt er. Deshalb ist er Ranger im Nationalpark geworden. „Jetzt kann ich Menschen erklären, warum es gut ist, Bäume stehen und eines natürlichen Todes sterben zu lassen.“
Jedes Kind soll in einer intakten Umwelt groß werden, findet Hoffmann – nicht nur heute, sondern auch morgen und übermorgen. Deshalb setzt er sich ein für den Nationalpark Hunsrück-Hochwald – gemeinsam mit vielen anderen, die möchten, dass diese besondere Landschaft mitten in Europa einen ganz besonderen Schutz erfährt. Es soll wieder Urwälder geben – nicht irgendwo, sondern genau hier in Deutschland. Aber dafür muss die Natur Natur sein dürfen und der Mensch sich zurückziehen. Bäume dürfen uralt werden und Moore wieder nass. Schon jetzt gibt es wilde Ecken im Nationalpark Hunsrück-Hochwald, in denen sich beispielsweise Wildkatzen wohlfühlen. Über 100 davon wurden bereits gezählt – zwischen geschätzten 250 Millionen Bäumen. Zahlreiche bestens ausgebildete Ranger und Nationalparkführer bringen Besucherinnen und Besuchern die vielen Schätze des Nationalparks behutsam näher.
Nationalpark im Café
Aber auch im Umfeld des geschützten Gebiets setzen sich viele Menschen für den Nationalpark, seine Werte und seine Produkte ein. Britta Tibo ist Architektin. Sie hat das Café Kelte Katz‘ in der Nationalpark-Gemeinde Nohfelden gestaltet und auch die Innenarchitektur der Seezeitlodge Hotel & Spa am Bostalsee mit begleitet. Sie sagt: „In der Natur fühlt man sich wohl. Daher setze ich auf Natur in den Räumen. Regionale Baustoffe. Ich freue mich, Teil dieser neuen Bewegung für mehr Nachhaltigkeit zu sein. Der Nationalpark hat einiges auf den Weg gebracht.“
Schon beim Kuchenessen fühlt man sich im Café Kelte Katz’ zwischen Baumstämmen und großen Naturfotos ein bisschen wie im Urwald. Früher stand das Ladenlokal im Ortszentrum leer. Jetzt ist es neben Café auch Nationalpark-Infopunkt. Inhaberin Elisabeth Spindler freut sich über das gelungene Zusammenspiel: „Unsere Kunden bekommen bei uns nicht nur täglich frische Backwaren, sondern werden auch rund um den Nationalpark informiert.“ Mittlerweile gibt es rund 50 Nationalpark-Partnerbetriebe in der Region, sie alle engagieren sich für den Nationalpark und stehen für Qualität, Regionalität und Nachhaltigkeit.
Besondere Naturerlebnisse
Trotz des hohen Naturschutzanspruchs bietet das Gebiet viel Freiraum für Naturerlebnis. Dafür wurden die Wege mit Umsicht gewählt und so gelegt, dass sie empfindliche Natur oder Brutgebiete umgehen. Auf Pfaden oder schmalen Wegen führen sie durch den wilden Lebensraum des Hunsrücks: durch alte Buchenwälder voll lebendigem Totholz, an Felsblöcken und auf die Eiszeit zurückgehenden Gesteinshalden vorbei, über Moore und durch leuchtende Arnikawiesen. Der ständige Wechsel unterschiedlicher Vegetationen und Landschaften macht die Region interessant und abwechslungsreich. Wie lange es wohl dauern wird, bis sich der Traum vom Urwald mitten in Deutschland erfüllt?
Lage: Der Nationalpark Hunsrück-Hochwald liegt zu 90 Prozent in Rheinland-Pfalz und zu
10 Prozent im Saarland. Er erstreckt sich über den südwestlichen Teil des Hunsrücks und umfasst große Teile des Hochwalds im Westen und des Idarwalds im Osten. Der Nationalpark liegt im östlichen Teil des Naturparks Saar-Hunsrück.
Fläche: 101,93 km²
Charakteristik: Als typische Mittelgebirgslandschaft umfasst der Nationalpark Höhenzüge von ca. 380 m bis etwas über 800 Meter über dem Meeresspiegel. Mit 816 Metern Höhe ist der Erbeskopf der höchste Berg im Hunsrück und gleichzeitig in Rheinland-Pfalz. Die Erhebungen bestehen weitgehend aus Quarzit, dessen Felsrippen und Verwitterungserscheinungen, die sogenannten Rosselhalden, den Nationalpark prägen. Alt- und totholzreiche Buchenwälder mit eingestreuten Hangmooren sind auf der Hälfte der Fläche typisch.
Natur- und Umweltschutz beginnt schon bei der An- und Abreise. Man erreicht den Nationalpark Hunsrück-Hochwald mit der Bahn über die Bahnhöfe Idar-Oberstein, Neubrücke und Türkismühle. Die Anfahrt mit dem Auto führt über die A1 oder die A 61 und die Hunsrückhöhenstraße (B50/327) und ab Morbach weiter über die B269.
Nationalpark Hunsrück-Hochwald
Brückener Straße 24, 55765 Birkenfeld
Tel. +49 (0) 67 82 - 8780-0
https://www.nlphh.de/